Samstag, 11. August 2018

[Interview] mit Emil Horowitz


 


Emil Horowitz ist Journalist und Schriftsteller. Zudem schreibt er seit über zehn Jahren auch als Ghostwriter für Fachliteratur und Belletristik. Er stößt mit seinen Büchern häufig brisante Themen an und das hat er auch mit seinem neusten Buch getan.

Gespräche auf einem absurden Planeten ist am 30.07.2018 bei neobooks erschienen.




Haben Sie schon in Ihrer Kindheit Geschichten geschrieben?
Lustig, dass Sie das fragen, es erinnert mich an meine erste Erfahrung mit dem Schriftstellertum, die allerdings frustrierend verlief. In der dritten Klasse Volksschule erhielten wir von unserer Deutschlehrerin die Hausaufgabe, einen Aufsatz über den letzten Ausflug oder den letzten Urlaub zu schreiben, den wir mit unseren Eltern gemacht haben. Ich machte daraus eine Kurzerzählung über ein traumatisches Erlebnis, bei dem ich als einziges Kind unter lauter Erwachsenen ein Martyrium aus Langeweile und bohrenden Fragen über die unterschiedlichsten Schulthemen erdulden musste. Als ich den benoteten Aufsatz zurückbekam, stand eine leuchtend rote Fünf darauf, ergänzt mit dem Zusatz. „Abschreiben lohnt sich nicht!“. Die wackere Lehrerin konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein Junge meines Alters derart ausgefeilt formulieren könne.

Woher bekommen Sie Ihre Ideen? Vielleicht ist eine Quelle auch ihr Job als Journalist?
Das lässt sich mit einem Wort beantworten: Lebenserfahrung. Im Laufe des Lebens wird man mit genügend absurden Situationen konfrontiert, die Basis für die schriftstellerische Tätigkeit liefern – wenn man mit der Zeit lernt, genau hinzusehen und hinzuhören. Dann lernt man schnell, auch hinter die Kulissen des Geschehens zu blicken.


Ist der Beruf des Journalisten gut mit dem Autor sein vereinbar?
Die beiden Berufsbilder kollidieren nicht, im Gegenteil. Die journalistische Arbeit vermittelt dem Schriftsteller in mir wichtiges Rüstzeug: diszipliniertes Arbeiten und das Schreiben auf einen Termin hin.

Warum haben Sie sich für Self-Publishing entschieden?
Im Grunde war das keine Entscheidung, es war die einzige Möglichkeit. Wer selbst schreibt und versucht, für seine Arbeit einen Verlag zu finden, weiß, was ich meine. Die Verlage werden mit Manuskripten und Manuskriptangeboten überflutet und können nur einen verschwindend kleinen Anteil davon realisieren. Als noch nicht bekannter Autor einen Verlag zu finden, kommt von der Wahrscheinlichkeit her einem Fünfer oder Sechser im Lotto gleich.

Sie behandeln in Ihren Büchern sehr kontroverse Themen. Wollen Sie damit Aufmerksamkeit auf diese lenken und machen Sie sich Gedanken darüber, wie ein Kapitel wie „Kleines Judenhasser-Kompendium“ in der Öffentlichkeit aufgenommen wird?
Kontroverse Themen sind für mich ein Hauptgrund für das Schreiben. Ich gehöre zu den versponnenen Sozialromantikern, die glauben, dass man Verhältnisse über die Literatur zum Besseren verändern kann, weil man die Menschen nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern auf dem Weg über die Unterhaltung erreicht. Aus diesem Grund wähle ich auch oft das Mittel der Ironie und des Humors bei der Bearbeitung besonders kritischer Themen. Mel Brooks sagte während eines Interviews zu seinem Film Sein oder nicht sein: „Wenn vor Entsetzen das Blut in den Adern gefriert, bleibt nur noch das Lachen.“ Das ist auch die Basismotivation für das Judenhasser-Kompendium. Die Überspitzung soll beim Leser die unterschwellige Ahnung erzeugen, dass hier etwas ganz und gar nicht im Lot ist. Die selbe Strategie verfolge ich bei der Geschichte Ein Seminar in Deutschland.

Wie lange haben Sie an „Gespräch auf einem absurden Planeten“ geschrieben?
Wie es oft bei Kurzgeschichten ist, läuft ihr Schreiben neben anderen Projekten ab. Immer, wenn mir wieder etwas besonders Abwegiges oder Absurdes über den Weg lief, oder das Erlebte unerwartete Assoziationen hervorrief, war das die Geburtsstunde einer weiteren Geschichte. Insgesamt hat das Schreiben der „Gespräche“ rund fünf Jahre gedauert.


Sind Kurzgeschichten Ihre liebste Form der erzählenden Literatur oder können Sie sich auch vorstellen einen zusammenhängenden Roman zu schreiben?
Ich liebe alle meine Kinder. Beides hat seine faszinierenden Elemente. Kurzgeschichten ermöglichen es dem Schreiber sozusagen, eine Symphonie in 10 Sekunden aufzuführen. Romane erlauben den tiefen Einblick in komplexe Geschehnisse, die menschliche Seele und ihre (Irr)wege. Meinen ersten abgeschlossenen Roman werde ich Ihnen demnächst vorstellen. Der Roman, an dem ich gerade schreibe, werde ich – wenn alles gut geht – zum Ende des Jahres veröffentlichen.

Haben Sie schon Ideen für zukünftige Bücher?
Ich habe eine Ideendatenbank für Erzählkonzepte, Romane und Drehbücher, die ich auf gut Neudeutsch Plotbase nenne. Ihr Inhalt reicht für gut zwei bis drei Schriftstellerleben.

Vielleicht am Ende noch einen kleinen Tipp für junge oder angehende Autoren?
Da ich selbst noch nicht sehr arriviert bin, wäre es wohl etwas anmaßend, anderen Autoren Ratschläge zu erteilen. Vielleicht das: Lasst euch nicht von Lektoren demotivieren!



Vielen vielen Dank an Herrn Horowitz für das spannende und sehr inspirierende Interview!
Ich hoffe, es gefällt euch und vielleicht hilft es euch auch weiter. Bis Bald! Svenja

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