Wenn der Wecker morgens schrillt ist das eigentlich ja schon
schlimm genug, aber wenn dann auch noch das Prasseln vom Regen auf dem Dach
erklingt, dann ist der Morgen perfekt. Das schminken kann ich mir also direkt
einmal sparen. Es sind halb fünf, draußen ist es stockdunkel und meine gesamte
Familie schläft noch. Ein Weihnachtsmorgen wie jedes Jahr. Denn ich arbeite eigentlich
immer an Weihnachten. Zum Glück dieses Jahr morgens, dann kann man den Abend noch
mit der Familie verbringen. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und versuche
leise wie möglich aus dem Bett herauszukriechen und mich anzuziehen. Die Türen
vorsichtig zu machen und die Klinken immer schön herunterdrücken. Nachdem ich
mich angezogen habe gehe ich ins Bad und gehe mir mit warmem Wasser durchs Gesicht.
Ich schaue in den Spiegel und entscheide mich doch dafür ein leichtes, aber
wasserfestes Make-up aufzutragen. Im Grunde freute ich mich ja schon auf heute
Abend. Mein Mann hat sich bereit erklärt zu kochen und ich werde den Baum mit
den Kindern schmücken können. Noch einmal ein Blick in den Spiegel und dann schnappe
ich mir die Schlüssel, wickele mir den Schal bis über die Nase und ziehe die
Mütze auf den Kopf. Warum kann es nicht schneien, nein an Weihnachten muss es
regnen. Leider hatte ich gestern vergessen den Sattelschoner über meinen Fahrradsattel
zu ziehen und so wischte ich nur kurz mit den Händen drüber, legte den Dynamo
ans Rad an und zwang meine müden Beine mich den Berg zum Krankenhaus hoch zu
tragen. Meine Brille war sofort beschlagen und mit Tröpfchen bespritzt. Ich
versuchte ein wenig schneller zu fahren, damit ich die nächste Ampel noch
bekommen, rot. Na super, denke ich, aber wenigstens ist rot die Farbe der Weihnacht.
Zum Glück hatte ich es nicht weit bis zum Krankenhaus und schon bald sah ich
das große, graue Gebäude vor mir. Ich zog meine Pflegerkleidung über und starte
in den Tag. Die morgendlichen Stunden vergingen wie im Flug und am Nachmittag
kamen viele Besucher und feierten ein kleines Weihnachten mit ihren Lieben. Es
war wirklich herrlich anzusehen. Ich bemerkte die ältere Dame aus Zimmer 354,
die erwartungsvoll im Flur wartete und die ganze Zeit auf die Tür starrte, als
ob jeden Moment Besuch für sie kommen würde. „Sie wartet schon seit drei
Stunden dort und wollte nicht einmal zu Mittag essen“, meinte eine meiner
Kolleginnen von mir. „Ja, traurig, aber vielleicht kommt ja noch jemand.“ Ich
ging in den Sturz und danach musste ich Medikamente sortieren. Als ich nach
zwei Stunden wieder kam, saß die ältere Frau noch immer auf ihrem Stuhl und
wartete. Sie wartete und wartete. Langsam neigte sich meine Schicht dem Ende
zu. Noch ca. 20 Minuten hatte ich zu absolvieren. Ich fragte sie ob sie nicht
in ihr Zimmer wollte. Nein, ihr Sohn würde sie besuchen kommen. Das tat er
immer an Weihnachten und sie hätte in gestern erst gesprochen. Er müsste jeden
Moment kommen.
Da ich sie nicht umstimmen konnte, ging ich zur Übergabe in
das Schwesternzimmer. Heute war es eine schnelle Übergabe, denn jeder wollte möglichst
zeitig nach Hause. Ein Patient sollte zu uns verlegt werden. Ich schaute auf
den Nachnamen und hatte plötzlich einen Verdacht. Der gleiche Nachname wie bei
der alten Dame. Ein Mann, Mitte vierzig.
Statt also nach meiner Schicht nach Hause zu gehen, machte
ich mit der älteren Dame noch einen kleinen Ausflug auf die vierte Etage.
Diesmal hatte also die Mutter den Sohn zu Weihnachten besucht.
Ich fuhr nach Hause zurück und freute mich noch ein kleines
Stückchen mehr auf Weihnachten.
Ich hoffe euch gefällt die Geschichte und sie kann euch ein
wenig in Weihnachtsstimmung versetzten.
Ich finde die Aktion echt super und freue mich tierisch ein
Teil vom Writing Friday Adventskalender zu sein.
Hier ein Link zum 10. Türchen und morgen findet ihr eine neue Geschichte auf Kiras kleine Leseecke
Eure Svenja
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