Freitag, 20. April 2018

[Writing Friday] Der erste Tag

Mein Wecker klingelte. Genervt haue ich drauf und schaue auf die Uhr. 6.00 Uhr. Scheiße, ich hatte vergessen den Wecker vorzustellen. Ich muss um 7.30 am Krankenhaus sein. Ich brauche Zeit um mich perfekt vorzubereiten. Mindestens zwei Stunden. Verdammt. Der Kontrollfreak in mir spielte verrückt. Mist. Ich zog die rausgelegten Sachen an. Und dann verschwand ich für eine halbe Stunde im Bad. Frühstück würde ich auslassen. Ich war viel zu nervös und irgendetwas herunter zu bekommen. Noch fünf Minuten, dann musste ich spätestens losfahren. Ich atmete tief durch, bevor ich aus der Haustür ging. Schaute noch einmal in den Spiegel. Ich hatte meine sei mutig Frisur, mein sei mutig Outfit und ich war bereit für meinen ersten Tag als Assistenzärztin.
Das Krankenhaus war groß und erschreckend grau. Wir sollten uns in der Notaufnahme einfinden. Dort standen schon ungefähr zwanzig andere nervöse Neue. Ich stellte mich zu ihnen und versuchte so selbstbewusst wie möglich zu wirken. Der zuständige Arzt näherte sich.
„Hallo und Willkommen. Ihr seid einige der wenigen Auserwählten. Ihr seid auserwählt worden von diesem Krankenhaus aus Hunderten Bewerbern, doch auch ihr werdet es nicht alle schaffen. Wenn sie neben sich blicken, links und rechts, beide werden weg sein. Nur etwa ein Drittel wird nachher in diesem Beruf arbeiten und unsere Ausbildung schaffen. Einige werden früh aufgeben und sehen, dass der Job nichts für sie ist. Andere werden es merken, wenn der erste Patient von ihnen gestorben ist und andere werden aus persönlichen Gründen gehen. Zu wenig Zeit, zu viel Stress, zu wenig Schlaf. Über achtundvierzig Stunden zu arbeiten wird keine Seltenheit sein. Ihr seid Assistenzärzte. Ihr macht alle Arbeiten, die man euch aufträgt. Jeden kleinen Handgriff, auf den wir Oberarzte nicht scharf sind. Ihr seid im Grunde unsere Hände und wir sind euer Gehirn. Ihr seid die Hände, die den Müll rausbringen und Rektaluntersuchungen machen. Doch diese Hände werden vom Gehirn lernen und irgendwann werden sie auch zum Gehirn, naja, ein Drittel der Hände. Im Grunde also nur drei Finger und ein paar Zerquetschte. Nun aber genug davon. Ich werde euch jetzt euren Aufenthaltsraum zeigen und den Ort, an dem ihr Schlafen könnt. Denn von nun an ist das Krankenhaus euer zu Hause. Ihr werdet hier mehr Zeit verbringen als an irgendeinem anderen Ort. Das Krankenhaus ist wird eure Familie werden und für euch sorgen, solange ihr auch für uns sorgt. Und nun folgt mir. Ich zeige euch das Krankenhaus. Mein Name ist Dr. Milvort.“
Alles klar. Alles klar. Ich werde die sein, die hier hinausgeht mit einem Arztmantel. Ich werde zu dem Drittel gehören. Bloß nicht zu nervös werden. Bleibe ruhig. Versuche dir die ganzen Räume einzuprägen, sagte ich mir selber, aber ich wusste, dass ich mich wahrscheinlich schon heute verlaufen würde. Von der Notaufnahme ging es in den Aufenthaltsraum, dann zu den OP’s.
„Hi, mein Name ist Emma“, stellte sich das Mädchen neben mir vor. „Cynthia“, antwortete ich und ich wusste, dass sie nicht zu dem Drittel gehören würde. Zu nett in diesem Job. Sie würde die Patienten zu nah an sich heranlassen. Damit hatte ich sicherlich nicht so viele Probleme. Man nannte mich eiskalt und mir war es nie einfach gefallen Freunde zu finden. Doch das sollte sich nun ändern. Ich würde nur im Job eiskalt sein und sonst würde ich mich ändern. Schon alleine aufgrund dieses heißen Typens, mit dem ich gestern lange in einer Bar saß. Sehr lange. Wir unterhielten uns. Sehr lange. Und er war richtig nett. Komisch, aber nach einer Nacht kann man es eigentlich gar nicht wissen, aber ich konnte mir vorstellen, dass wir toll zusammenpassen würden. Er war auch Arzt und zudem war er gut. Verdammt gut. Im Bett.  Naja, eher gesagt im Auto.
Ich versuchte die Gedanken schnell wegzuwischen und konzentrierte mich wieder auf die Führung.
Dann wurden wir Ärzten zugeteilt. Meiner hatte von hinten blonde Haare, Locken. Nein, das konnte nicht sein. Das war mein Arzt. Ich meine DER Arzt. Er war also nicht nur verdammt gut im Bett, sondern auch ein verdammt guter Kardiologe. Auf einmal fühlte ich die blauen Flecken an meinem Rücken. Der Schalthebel erinnerte ich mich dunkel und setze das beste gekünstelte Lächeln auf das mir möglich war. 


Writing Friday ist eine Aktion von readbooksandfallinlove.
Jeden Monat gibt es neue Schreibaufgaben. Das bedeutet: Verschiedene Themen, zu denen man Kurzgeschichten oder Gedichte schreiben kann. Jeden Freitag werden die Beiträge dann veröffentlicht. 

Hier kommt ihr zu dem Beitrag von readbooksandfallinlove: Writing Friday April 2018 
Heute habe ich mir die Aufgabe ausgesucht eine Geschichte zu schreiben zu dem Thema: Du hast gerade deinen ersten Arbeitstag als Assistenzarzt im Krankenhaus. Beschreibe einer Freundin ein besonders verstörendes Erlebnis.

Ich würde mich sehr über eure Rückmeldung freuen und auch über Tipps.

Liebe Grüße und bis zum nächsten Post

Eure    Svenja

3 Kommentare:

  1. Hallo^^

    eine schöne Geschichte, die mich ein bisschen an den ersten Tag von Meredith in Grey's Anatomy erinnerte :)

    Schönes Wochenende!

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    1. Danke!
      Ach daran habe ich gar nicht gedacht. Aber stimmt ein wenig.

      LG Svenja

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  2. Hehe - ja ein bisschen wie bei Meredith - aber sehr gut geschrieben. Man spürt die Aufregung und den Willen es zu schaffen. LG

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